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Wolken und Maschinen. Über die Betrachtung und Konstruktion mobiler Ordnungen

Gustav Kampmann: Eisenbahn am Abend, um 1895, Lithographie

– I –

Was ist eine Dampflokomotive?

Meine Kindheitserfahrungen unterscheiden sich – was niemanden wundern wird – wie die aller älteren und mit mir Gleichaltrigen in einigen Dingen von der jungen Generation, die jetzt aus der Schule kommt und in die Ausbildung geht, ein Studium beginnt, direkt in das Berufsleben einsteigt oder auch einen völlig anderen Lebensplan verfolgt.

In meiner Kindheit und Jugend gab es nur drei Fernsehprogramme. Deren Sendezeit begann ab etwa 17 Uhr und sie endete mit dem Sendeschluss nach Mitternacht. In den vielen Stunden dazwischen konnten wir uns ausführlich der Betrachtung des Testbilds hingeben, allerdings nur solange wie der dazugehörige Testton auszuhalten war (für all jene, die noch keine Gelegenheit dazu hatten, hier ein exemplarisches Testbild).

Es gab zwar die ersten Personal-Computer, doch kaum jemand in unserem Umfeld hatte davon genauere Kenntnis oder besaß gar einen. Die ersten Geräte dieser Art, die ich persönlich zu sehen bekam, waren ein ZX 81 und ein Commodore 64, die in der Oberstufe von Schulkameraden in den Physik-Unterricht mitgebracht wurden. Erst im Studium lernte ich den Umgang damit und erwarb meinen ersten eigenen Computer (auf Empfehlung meines besten Freundes einen, auf dem ein buntes Äpfelchen als Logo angebracht war).

Schließlich fand sich auch, gegen Ende meines Studiums, das Internet ein. Es gäbe noch einiges mehr aufzuzählen, ich möchte hier aber nur noch von einer Sache sprechen: Durch meine Kindheit fuhren alltäglich noch Dampflokomotiven.

Das war damals etwas sehr Aufregendes für uns Kinder. Ganze Nachmittage verbrachten wir damit, im Gras am Bahndamm sitzend auf den nächsten Zug zu warten, damit dieser dann wie all die anderen zuvor mit großem Lärm und dem charakteristischen rhythmischen Stampfen über uns hinweg stob.

Wir legten uns so nah wie möglich an die Gleise, und fest ins Gras gepresst, den Kopf hochgestreckt konnten wir so, da bei der Dampflok die Maschinerie außen sichtbar liegt, genau das Zusammenspiel des heftig und präzise treibenden Gestänges mit den gleichmäßig rollenden Rädern sehen. Drüber der dunkelschwarze Leib aus dem sich wiederum ein zumeist weißes und zunächst schmales, dann sich mit der Höhe ausbreitendes und farblich reicher schimmerndes Gewölk erhob.

Manchmal ging es steil, fast stehend nach oben, manchmal schien es schräg hinterhergezogen und einige Male sank es, dunstig und grau, aschenartig auf uns herab – dann rannten wir schnell raus aus der dunklen Wolke, weil das nicht ganz geheuer war.

Unter all dem, was mich damals faszinierte, ist mir immer besonders der immense Kontrast zwischen dem, was sich da ganz unten abspielte und dem, was sich da oben ereignete, in lebhafter Erinnerung geblieben.

Dass die Lokomotive einen Zug hinter sich zog und mit ihm Menschen von einem Ort an einen anderen – was schließlich der Zweck ihrer ingeniösen Konstruktion und das Ziel ihres Einsatzes war – kam mir kaum in den Sinn.

Hätte mich jemand gefragt, was eine Dampflokomotive ist, ich hätte geantwortet:
Eine Maschine zur Herstellung von Wolken.

– Fortsetzung folgt hier: Was sind Wolken?

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